Die Pandemie war und ist ein »Brennglas« für die Schule. Sie zeigt, wie Schule funktioniert, was sich entwickeln lässt – und was nicht.
Für mich wurde in den letzten Monaten deutlich, dass Prüfungskultur und Notengebung nicht ein notwendiges Übel oder eine Art Nebeneffekt der Schulorganisation darstellen, die durch eine Reflexion oder eine Evolution der Schulkultur verschwinden könnten.
Prüfungen sind der Kern der Schule. Die Covid-Krise hat gezeigt, das Akteur*innen im Schulbereich bereit sind, auf alles zu verzichten – nur nicht auf Präsenz und Prüfungen. Anders formuliert: Lernen ist ein Nebeneffekt in dieser Prüfungskultur. Zuerst kommt die Bewertung, dann die Frage, was und ob Schüler*innen so gut lernen können.
Das müsste sich ändern, ist aber schwierig. Zu stark geistert die Vorstellung herum, Prüfungen würden Leistung messen und Kinder einem sinnvollen Druck aussetzen, dem sie sich in einer kapitalistischen Gesellschaft ohnehin einmal stellen müssen. Zudem sind rund um Prüfungen Parabildungsangebote entstanden – von Nachhilfeakademien über Youtube-Kanäle bis zu Eltern, die sich weiterbilden und Zeit dafür freihalten –, die davon abhängen, dass an Schulen mit Prüfungen bewertet und selektioniert wird. Wer so davon profitiert, dass Schulen so aufgestellt sind, will keine Veränderung.
Was ergibt sich für mich daraus? Ich will vermehrt über Alternativen zum bestehenden System nachdenken und weniger Energie darin investieren, Schulen zu reformieren, in denen alles von Prüfungen und Notengebung abhängt. Und ich werde nichts tun, was die Vorstellung erhält und bestärkt, Prüfungen würden Lernen ermöglichen und Leistung messen. Prüfungen gefährden Lernerfolge permanent. Und sie messen höchstens die Fähigkeit, sich einem System anzupassen. Wenn überhaupt.